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Restauration einer BMW R90S - Die Geschichte
Eigentlich ist mein Schwager Bernd an allem Schuld. Weil er den Job und seine Arbeitsstelle gewechselt hat, hat er sich überlegt, wie er in Zukunft seine weitere Anfahrt zur Arbeitsstelle bewältigen will. Da ist ihm die Idee gekommen, sich ein motorisiertes Zweirad zuzulegen, weil er aber nur den alten Führerschein Klasse 3 besitzt, ist er dann bei einem Motorroller hängen geblieben.
Das hat bei mir dann eine gewisse Initialzündung ausgelöst und ich habe mich erinnert, dass ich ja viele Jahre früher auch schon einmal eine BMW R75/5 gefahren habe. Warum sollte ich mir nicht auch wieder ein solches Zweirad zulegen? Jetzt, im Nachhinein, habe ich mir schon öfters die Frage gestellt, warum bin ich nicht schon viel früher und vor allem selber auf diese Idee gekommen? Ich hätte eine Menge Geld aparen können, wenn ich vor der Euroeinführung damit angefangen hätte.
Mein Entschluss stand fest, es musste wieder eine BMW R75/5 sein und möglichst eine in metallicblau, wie damals. Also schaute ich mich um und es dauerte gar nicht lange, da konnte ich eine in der Gegend von Augsburg erwerben. Das ist jetzt rund drei Jahre her. Erwähnen muss ich noch, dass ich zu diesem Zeitpunkt nur wenig Erfahrung in Sachen Originalität, Ersatzteile und Preise hatte. Die /5 hatte einen /6-Tank und einen späteren Hinterradantrieb und ein späteres 5-Gang-Getriebe eingebaut. Auch die richtige Linierung konnte kein Problem sein. Kommt Zeit kommt wieder Originalität, dachte ich.
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Aber wie das Leben halt so spielt, ist alles ganz anders gekommen. Im Laufe der Zeit, durch angenehme "Benzingespräche" im Oldtimerclub, unzählige Klicks ins Internet und in die entsprechenden Foren habe ich mich zusehends auch für die restlichen BMW's interessiert und mich daran erinnert, dass es von BMW noch ein Kultmotorrad gibt, die R90S, damals wie heute das schönste Motorrad, das BMW je auf den Markt gebracht hat. Damals aber unerschwinglich für mich.
Die Gedanken und Vorstellungen an eine R90S wurden mit der Zeit immer konkreter und plastischer und immer stärker ist in mir der Wunsch aufgekommen, auch so eine R90S besitzen zu wollen (oder zu müssen).
Aber da war ja noch die /5, die ich eigentlich restaurieren wollte, über 20 Jahre kein Motorrad und dann in kurzer Zeit zwei und wie sag' ich's meiner Frau, die für Motorfahrzeuge relativ wenig übrig hat, Hauptsache der PKW fährt.
Viele Wochen und Monate habe ich dann den Markt beobachtet, hunderte von Besichtigungskilometer umsonst zurück gelegt, in den meisten Fällen war die Preisvorstellung einfach zu utopisch. Mittlerweile hatte ich mir auch schon einige Erfahrung zugelegt und habe mir die Frage gestellt, was für eine R90S will ich eigentlich? Eine Originale mit ihren Macken und Kratzer aber dafür mit einer gewissen Patina oder aber eine originalgetreu Restaurierte, d.h. Totalzerlegung und Neuaufbau.
Nachdem ich dann im Frühjahr 2007 eher zzufällig an eine Adresse hier in der Nähe gelangt bin, war dann die zweite Variante geboren. Inzwischen war bei mir auch die Erkenntnis gereift, dass eine original Restaurierte im Großen und Ganzen gleich viel kostet, egal ob der Grundpreis hoch oder tief ist.
Eine erste Besichtigung war angesagt und der erste Eindruck war mehr als schockierend. Der "Ex" der Verkäuferin hatte die "Karre" in eine Art "Cafe-Racer" umgebaut, in den letzten Jahren "heruntergewirtschaftet" und sie dann die letzten zwei Jahre im Freien abgestellt, wo sie allen Wind- und Wettereinflüssen ausgesetzt war und vor sich hingammelte.
Die Laufleistung war unbekannt, der km-Zähler ist bei ca. 92.000 stehen geblieben. Zu allem Übel haben Unbekannte dann irgendwann noch weiße Lackfarbe draufgesprüht. Wire kann jemand ein tolles Motorrad so verkommen lassen! In diesem Zustand habe ich die R90S vorgefunden.
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Auf den zweiten Blick war es aber so, dass die R90S nummerngleich und überwiegend original war mit guter Substanz, letzte Serie, Modell 76. Hinten waren Konis eingebaut und die Bremszangen sind vermutlich von der /7. Auch das S-Cockpit mit den Instrumenten, die originale Sitzbank mit Rahmen und die Seitendeckel waren noch vorhanden. Mein Entschluss stand fest, wenn der Preis stimmt, schlage ich zu. Und so ist es dann gekommen. Im Juni 2007 war ich stolzer Besitzer einer R90S.
Zur Historie ist vielleicht noch zu sagen, dass es damit eher schlecht bestellt war. Laut Fahrzeugbrief 5 Vorbesitzer, wobei der erste Brief von der Behörde zwischenzeitlich vernichtet worden ist.
Gleich danach ist dann aber ein weiteres Problem auf mich zugekommen über das ich mir vorher, ehrlich gesagt, keine großen Gedanken gemacht habe oder machen wollte. Wo ist genügend Platz für die BMW während der Restaurationszeit, die ich noch gar nicht abschätzen konnte?
Ich weiß, der geneigte Leser wird sich jetzt fragen, so etwas überlegt man sich doch vorher. Recht hat er aber manchmal ist man in einer gewissen Situation, in der das rationale Denken aussetzt nach dem Motto, alles Andere wird sich schon finden.
Es hat sich gefunden und wieder ist mir der Zufall zu Hilfe gekommen. Anlässlich der Feier des 50. Geburtstags der Freundin meiner Frau habe ich auch die Nachbarin und deren Mann des Geburtstagskindes kennen gelernt. Als dann die Unterhaltung auf die Hobbys gekommen ist, hat sich herausgestellt, dass der Nachbar die Garage voller alter Motorräder hatte. Das weitere Gesprächsthema war dann auch klar.
Wolfgang, so heißt der Nachbar mit Vornamen, kennt jemanden, der schon seit Jahren perfekt Oldtimer restauriert, der Nachteil, er hat so gut wie keine Zeit, kennt aber wiederum jemanden, einen Frührentner und zeitlebens ein BMW-Verrückter, den sollte ich mal anrufen. Gesagt getan und dann ist alles recht schnell gegangen. Innerhalb einer Woche stand die "Karre" in seiner Werkstatt.
Hier zwei Bilder vom Zerlegen der Maschine.
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Zunächst wurde der Rahmen und die SChwinge zum Strahlen und Lackieren gegeben, Lackierung original BMW glänzend "tiefschwarz", klassisch gespritzt, Farbnummer 086. Alle Lager an Rahmen und Schwinge wurden durch neue ersetzt. NAch dem Zerlegen des Motors und des Getriebes machte ich mich mit meinem Auto voller Teile auf den Heimweg. Zuhause war dann die nächsten Wochen vermehrt "Teileschruppen" angesagt.
Alle Motor- und Gehäuseteile, Naben und Gabeltauchrohre wurden zum Soda- bzw. Glasperlenstrahlen gegeben. Nur ein kleines Beispiel zum Zustand der R90S: Aus dem Getriebe sind zunächst 2 Liter Regenwasser rausgelaufen, erst dann kam das Getriebeöl.
Das Vorderrad bekam eine neue Felge, Vorder- und Hinterrad wurden neu eingespeicht und gelagert. Erstaunlicherweise zeigte der Hinterradantrieb recht wenig Verschleiß und wurde nur gereinigt. Dafür musste die Scheibenbremsenanlage komplett restauriert werden. Die Gabel hat ein neues Innenleben mit Würth-Gabelfedern bekommen. Die Stoßdämpfer wurden gereinigt, entkonisiert und mit den R90S-Hülsen versehen. All das soll eine bessere Straßenlage ermöglichen.
Das Getriebe wurde neu gelagert, auch der Motor hat eine Generalüberholung bekommen. Kurbelwelle und Pleuel neu gelagert. Toleranzen besser als ab Werk, Zylinder geschliffen, neue Kolben mit 1. Übergröße. Die Köpfe haben neue Ventile und Federn bekommen, alles neu eingeschliffen. Auch die Kupplung und die Elektrik haben ein paar Neuteile abbekommen.
Für die Reparatur und Justierung des Tachos und des Drehzahlmessers und der Instrumente im S-Cockpit habe ich über ebay Kontakt zu einem Mechaniker in Regensburg bekommen. Nachdem sich Hartmut mächtig ins Zeug gelegt hat, hat die R90S Ende September schon wieder so ausgesehen:
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Parallel zum Neuaufbau habe ich einen geeigneten Lackierer und Linierer gesucht, eine gute Restaurierung steht und fällt mit der Lackierung. Es musste unbedingt wieder die daytona-orange Lackierung sein. Manche sehen das zwar etwas anders, aber ich meine, das hat einfach was.
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Zunächst musste aber noch der Tank ausgebeult und innen und außen komplett saniert werden. Das hintere Schutzblech, der Sitzbankrahmen und das S-Cockpit hatten Risse. Lediglich die Seitendeckel und das vordere Schutzblech waren unbeschädigt. Meine Wahl ist schließlich auf einen Lackierer in der Gegend von Worms gefallen, der alle Arbeiten zur vollen Zufridenheit erledigt hat, wie man sehen kann.
Mit voller Hingabe und mit viel Schweiß und Elan habe ich mich um die Restauration der R90S gekümmert. Und was ist zwischenzeitlich mit der R75/5 geschehen? Sie stand herum und diente den Sommer über gelegentlich als fahrbarer Untersatz. Von Restauration keine Spur, alles wurde dem R90S-Projekt untergeordnet.
Auch die beiden Dellorto-Vergaser wurden runderneuert und haben ein komplett neues Innenleben verpasst bekommen. Die Auspuffrohre und die Schalldämpfer sind lediglich poliert worden, bin gespannt, wie lange die noch halten. Es sind auf jeden Fall die originalen BMW Zeune Dämpfer.
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Der erste Probelauf des Motors verlief vielversprechend, zwischenzeitlich war es November und die Lackteile konnten Stück für Stück wieder montiert werden. Während der Advents- und Weihnachtsfeiertage ruhten die Arbeiten.
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Mittlerweile war es Mitte Januar 2008 geworden, jetzt wartete nur noch der TÜV, denn ohne die Bescheinigung konnte ich die BMW nicht auf mich ummelden und zulassen. Den letzten optischen Schliff bekam die R90S Ende Januar 2008 mit dem Aufsetzen des Tanks und den Seitendeckeln.
Es war geschafft!
Am 07.Februar 2008 wurden diese beiden Bilder geschossen:
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Ist die R90S nicht toll geworden?
Jetzt muss es nur noch zügig Frühjahr und Sommer werden, damit der Motor ordentlich eingefahren werden kann. Noch eine weitere gute Seite hatte die ganze Aktion: Aus einer, auf diesem Sektor technisch recht unerfahrenen Person, ist im Lauf der Zeit ein verhältnismäßig passabler Schrauber geworden. Auch habe ich mir, was die Fragen zur Originalität angeht, in den letzten Monaten ein recht umfangreiches Wissen zugelegt und meine Adressebliste "wer macht was" und "wo bekomme ich welche Teile" ist auch von Woche zu Woche länger geworden.
Vielleicht kann ich mit meiner Geschichte den einen oder anderen dazu bewegen, auch einmal so ein Projekt anzugehen.
