• Entwicklung und Modellpflege BMW R 90 S

    Entwicklung und Modellpflege BMW R 90 S

    Anhang 1052
    Bild: BMW

    Die hier dargestellte BMW R 90 S ist eines der letzten Modelle dieser Baureihe.
    Alle Modellpflegemaßnahmen sind an ihr ersichtlich.

    Der folgende Text
    bietet den Lesern eine sehr gute Übersicht über die Entwicklung und Modellpflege der BMW R 90 S und die Möglichkeit, anhand der Fahrgestellnummer das eigenen Fahrzeug in die Entwicklungsgeschichte und Modellvariation einzuordnen.
    Der Text ist wörtlich zitiert aus dem Buch
    Andy Schwietzer „BMW Boxer ab /5, Band 1-Alle Modelle mit zwei Federbeinen, ISBN 3-9806631-4-0, Bodensteiner Verlag
    .Mit freundlicher Genehmigung von: Andy Schwietzer.


    Zitat:
    Nachdem die /5-Modelle den Motorradbau für BMW wieder lukrativ gemacht hatten und ihr Erfolg selbst ihre geistigen Väter verblüffte, standen schon zu Beginn der 70er Jahre neue Entscheidungen für die Münchner im Raum. Die Ablösung der /5-Baureihe sollte noch erfolgreicher werden.
    Erstmals wurde ein neues Motorradmodell von einem Designer gestaltet und nicht allein von den funktional denkenden Ingenieuren der Versuchsabteilung R 90 S hieß das neue Zauber-pferd der Bayern, das mit 900 ccm Hubraum die „/6-Baureihe“ anführte.

    Schnell wurde die R 90 S zum Star der ebenfalls bunten Palette der /6-Modelle. Mit sportlich-exklusivem Design, einer Doppelscheibenbremse im Vorderrad und ganz besonders mit ei-nem 900er Motor, dessen Leistung dem Hauptkonkurrenten Honda CB 750 entsprach, begeisterte die „S“ die Klientel der „modernen“ Motorradfahrer.
    Im Grunde war die Veränderung der Motorrad-Optik und -Technik bei BMW ein Zugeständnis an das andere Stilempfinden der neuen, kaufkräftigen Motorradklientel, die BMW als Kunden zu gewinnen suchte. Waren es noch zehn oder gar fünf Jahre vor der R 90 S wetterharte Windgesichter in Wachsjacken, die neue Motorräder kauften, hatte der nun mit mehr Freizeit und Kaufkraft versehene Bürger das Motorrad als Steckenpferd und Prestigeobjekt entdeckt. Dieser Kunde legt Wert auf einst ungeahnte Motorleistung und modische Optik.
    Die /6er beugten sich in Optik und Ausstattung der inoffiziellen Norm der großvolumigen Zweiräder und erhielten viele Details, die den „Fünfern“ gefehlt hatten, welche die Käufer eines Big Bikes aber mittlerweile erwarteten. Nun gab es ein Fünfganggetriebe, ein über dem Scheinwerfer montierte Cockpit mit Kontrollleuchten und separaten Instrumenten für Geschwindigkeit und Drehzahl. Das Cockpit erregte Aufsehen, weil BMW als erster Hersteller alle Instrumente mitsamt Kontrollleuchten in einem Gehäuse zusammengefasst hatte.
    An japanische Zulieferer durfte man bei BMW nicht denken, da Vorstandsvorsitzender Eberhard von Kuenheim die japanische Industrie ausschließlich als Gegner betrachtete. So kaufte man die gegenüber den Nippon Enso-Instrumenten eindeutig schlechteren Moto-Meter-Uhren in der Bundesrepublik Deutschland. Auch das „altdeutsche“ Zündschloss mitsamt „Stromliniennagel“ war nun Geschichte. Ein modernes Zündschloss – wieder mit Lichtschalter – und klappbarem Schlüssel saß dezente links an der Lampe. Aus dieser strahlte erstmals serienmäßig bei einem Motorrad Halogenlicht. Hier waren die Münchner den Konkurrenten um „Lichtjahre“ voraus. In der schnellen Z 900 von Kawasaki glomm beispielsweise ab Werk eine 35/35 Watt-Funzel!
    Dazu entwickelte BMW in Zusammenarbeit mit der Alfred Tewes GmbH (ATE) in Frankfurt eine Schwenksattelscheibenbremse für das Vorderrad, die am linken Gabelholm – bei der 90 S als doppelte Anlage an beiden Holmen – angebracht wurde. Oft kritisiert wurde die Anbringung des Hauptbremszylinders unter dem Tank. Vom Handhebel führte ein Bowdenzug dorthin, der die Dosierbarkeit der Bremse nicht verbesserte. Außerdem ging durch die langen Bremsschläuche der Druckpunkt der Bremse verloren.
    Neu waren ein in zwei Stufen zuschaltbarer, hydraulischer Lenkungsdämpfer, eine stärkere Lichtmaschine mit 280 Watt Nennleistung und eine verstärkte Kupplung mit einem Axial-Rollenlager als Ausrücklager.

    Neu am Getriebe war nicht nur der fünfte Gang, sondern der Wegfall der Schaltscheiben zwischen den Gangrädern. Stattdessen besaßen letztere nun Aussparungen für Schaltklauen.
    Grund für die fünf Gänge war die leistungsmäßige Unterlegenheit….“

    Weiterlesen kann man noch über viele Seiten bei Andy Schwietzer „BMW Boxer ab /5, Band 1-Alle Modelle mit zwei Federbeinen, ISBN 3-9806631-4-0, Bodensteiner Verlag
    Andy Schwietzer, Neuwallmodener Straße 14, 38729 Wallmoden/OT Bodenstein hat weitere Fachbücher zu den BMW-Zweiventiler und anderen Modellen und klassischen Fahrzeugen geschrieben. Siehe http://www.andy-schwietzer.de/



    Modellpflege R 90 S nach Fahrgestell-Nummern

    Zitat:
    R 90 S:
    ab Fahrgestellnummer 4 080 437:
    Montage der Schwungscheibe mit Schraubenformat M 11 x 1,5 anstelle der bisherigen 10 x 1,0, die sich bei den leistungsstärkeren Modellen gelegentlich lösten, ab Januar 1975. Anzugsdrehmoment 10 + 0,5 mkp

    ab Fahrgestellnummer 4 081 080:
    Durch geänderte Zentrierung der Zylinderköpfe bei den 900er Modellen entfallen dort die Ansenkungen und Spannhülsen bei geänderter Zylinderkopfdichtung, BMW-Teile-Nr. 11 12 1 261 672. Diese ist nach Aufweitung der Zentreirbohrungen auf 14,5 auch bei den älteren Typen verwendbar

    ab Fahrgestellnummer 4 081 153:
    alle Modell mit Doppelscheibe erhalten serienmäßig in der Vorderradgabel ein Dämpferrohr mit härterer Druckstufe, Teil-Nr. 31 42 1 234 474, nachrüstbar bei allen Maschinen der Modellreich /6. Als preisgünstigere Alternative erscheint daneben eine engere, schwimmend montierte Dämpferdüse, Teile-Nr. 31 42 1 234 474.

    ab Fahrgestellnummer 4 081 381:
    Zylinderkopfmuttern in verbesserter Stahlqualität (41 CR 4) und auf 15 mm vergrößerter Schlüsselweite, Teile-Nr. 11 1 21 261 775.

    ab Fahrgestellnummer 4 081 381:
    Schwungradseitiger Wellendichtring in neuartiger Ausführung aus Silikon mit höherer Radialkraft der Dichtlippe und steiferer Auslegung des Dichtlippensteges, Teile-Nr. 11 1 11 261 739, Hersteller Fa. Goetze, Kennzeichen: Endnummer 10 YSI.

    ab Fahrgestellnummer 4 090 001:
    Im Herbst 1975 gehen umfangreiche Verbesserung an Motor und Fahrwerk in die Serienfertigung ein:
    Abdichten der der ölführenden Zugankerbohrungen im Zylinder durch Rundschnurringe (O-Ringe).
    Nadelgelagerte Kipphebel verbunden mit einer Verbreiterung der Kipphebelböcke und Ersatz der Ständerhülsen durch Passringe erlauben festere Montage und senken Betriebsgeräusche.
    Stößelstangen aus Leichtmetall mit eingepressten Stahlkugelrundköpfen bewirken Massenreduktion und eine besser angepasste Werkstoffausdehnung.
    Stößel erleichtert und zur besseren Schmierung schräg gefenstert.
    Veränderte Stellung der Ventilführungen sorgt für mehr Abstand zwischen Kipphebel und Ventilfederteller.
    Nockenwellenlagerflansch aus Grauguss mit Bronzebuchse verringert das Lagerspiel und entlastet den Dichtring.
    Dichtring am vorderen Ende der Nockenwelle samt Lauffläche zur verbesserten Abdichtung im Durchmesser vergrößert und verstärkte Unterbrecherwelle von höherer Biegesteifigkeit. Verstärkung der am hinteren Ende der Nockenwelle montierten Scheibenfeder zum Antrieb der Ölpumpe.
    Tiefere Ölwanne mit neuartigem Ölmessstab senkt Öltemperatur und Verbrauch.
    Geändertes Anlasserritzel mit breiterer Phase am Anlasserzahnkranz für besseres Einspuren erleichtert den Startvorgang.
    Versetzung der Querstrebe am Kippständer schafft Platz für die vergrößerte Ölwanne.
    Verstärkung der Hinterradschwinge verbessert das Fahrverhalten.
    Versetzung des Drehpunktes am Kupplungshebel senkt die erforderliche Handkraft.
    Verstärkter Bremszugnippel, geänderter Haupt-Bremszylinder und neuartiger Radbremszylinder ergeben bessere Verzögerungswerte bei weniger Kraftaufwand…….


    Weiterlesen kann man bei Andy Schwietzer „BMW Boxer ab /5, Band 1-Alle Modelle mit zwei Federbeinen, ISBN 3-9806631-4-0, Bodensteiner Verlag

    Modellpflege R 90 S zeitlich von 1973 bis 1976
    Zitat:
    Für die Einführung der folgenden Änderungen sind keine Fahrgestellnummern belegt. Sie werden stattdessen in der Reihenfolge des BMW-Baugruppenschlüssels aufgeführt:

    Baugruppe 13 im IV. Quartal/1973:
    Die ersten Exemplare der Baumuster R 90/6 und R 90 S kommen mit einer von der Großserie abweichenden Vergaserbestückung zur Auslieferung.
    Bei R 90 S: Der Dell`Orto-Vergaser PHM 38 A S/D. Besitzt statt eines Chokes einen Tupfer.

    Baugruppe 13 im II. Quartal/1974:

    Baumusters R 90S nun mit Dell`Orto-Vergaser PHM 38 BS (links) und PHM 38 BD (rechts) bestückt.

    Baugruppe 12 im III. Quartal/1974:
    Schalter für Kurzschluss serienmäßig.

    Baugruppe 12 im III. Quartal/1974:
    Erhöhung der Anlasserdrehzahl durch Änderung der Verzahnung von Anlasserritzel und Schwungscheiben-Zahnkranz von 8:93 auf 9:111 verbessert das Startverhalten.

    Baugruppe 31 im III. Quartal/1974:
    Stabilisierung der Teleskopgabel durch Verstärkung der Vorderachse von 14 auf 17 mm.
    Baugruppe 34 im III. Quartal/1974:
    Durchmesser der Bremskolben steigt von 38 auf 40 mm, erkennbar an Stempelmarkierung „40“.

    Baugruppe 51 im III. Quartal/1974
    Daytona-orange als alternative Lakkierung für das Spitzenmodell R 90 S.

    Baugruppe 63 im III. Quartal/1974:
    Blinkergehäuse nun aus matt-schwarzem Kunststoff statt poliertem Aluminium.

    Baugruppe II im IV. Quartal/1974:
    Die Erhöhung des Festigkeit bei unterschiedlicher Wärmeausdehnung werden die stählernen Schraub-Stutzen zur Vergaseraufnahme im Hinterkopf aus Aluminiumguss nun mit Loctite Typ 40/grün eingesetzt, Anzugsdrehmoment: 12 + 2 mkp. Der Zylinderkopf wird auf 240 Grad C erhitzt.

    Baugruppe 23 im IV. Quartal/1974:
    Nicht selten brach bei Getrieben des Modelljahres 1974 die Schenkelfeder, da die für sie im Segment eingelötete Aufnahmebuchse mit 16 mm Durchmesser zu groß war. Dieser wird nun auf 15,5 mm verringert. Zusätzliche Erhöhung der Bruchsicherheit durch Einsatz des höherwertigen Federstahls II DIN 17223, Zusätzlich Einbau eines Ölleitblechs zur besseren Schmierung der auf der Zwischenwelle laufenden Losräder…….“