• Silberrauch und Daytona

    Silberrauch und Daytona

    Die BMW R90 S ist auch der Inbegriff einer Lackierarbeit auf anspruchvollstem Niveau, eine Arbeit in Lack, die vorher noch nie aus einer Fabrik entlassen wurde. Besonders von BMW, wo bisher alles in konservativem und tragendem Schwarz gehalten wurde, hatte keiner so ein traumhaftes Aussehen erwartet.
    Das Wort Design war noch nicht gängig. Kenner munkeln, dass vielleicht ein Betriebsausflug Anfang der 70er Jahre zum Coffee Shop nach Holland in Flower-Power-Manier die Idee geliefert hätte – das ist aber nicht mehr nachzuweisen.

    Fest steht: erstmals wurde bei BMW ein Gestalter von außen beauftragt. Bislang galt nämlich immer „Form folgt der Funktion“ und die Gestaltung war eigene Hausmannskost. Dieser Gestalter heißt Hans A. Muth und begann seine Arbeit 1971. Er bekam den Auftrag, ein „Sportmotorrad mit exklusivem Anspruch“ zu gestalten. Im Gespräch mit Andy Schwietzer sagt er: „Ich wollte mit den traditionellen BMW-Farben schwarz und silber spielen und zugleich etwas Neues schaffen, indem ich das gewohnte Blickschema umkehrte. Wenn ein normales Mottorad in der Sonne steht, ist seine Oberseite hell, die Flanken jedoch verschattet. Mein Farbschema für die R 90 S kehrte diesen Kontrast um. Die Flanken waren hell, die Oberseiten dunkel und das ganze ineinander weich verlaufend. Die Verlaufslackierung war neu und vielleicht das poppige Element. Während die Farbe „silberrauch“ konservativ und europäisch wirkte, liebten die Amerikaner die Variante, bei der die Farbe orange über gelb in weiß überging, also „Daytona-Orange“ wie sie dann hieß.“
    Bei der Silberauch musste als erstes alles schwarz gefärbt, dann binnen 20 Minuten der Silberlack aufgesprüht werden. Anschließend blieben noch einmal 20 Minauten für die erstmals geklebten Zierlinien (später wurden die Zierlinien wieder aufgemalt). Kenner nehmen an, dass es bis zu 12 Schichten waren, die bei den Verlaufslackierungen aufgetragen wurden.

    Jedes Motorrad ist ein Einzelstück geworden und sieht ein wenig anders aus.
    Hans A. Muth war der Meinung, dass die Farbgebung wegen der Wiedererkennbarkeit Bestandteil des Produktes sein sollte und nicht beliebig austauschbar ist.

    Jeder der eine R 90 S besitzt, hat ein einmaliges Motorrad, ein Einzelstück.