• S Cockpit

    S-Cockpit

    Als die /5 er Reihe 1973 durch die /6 Modelle abgelöst wurde, war die
    R 90s das Top Modell im Hause BMW und sollte den schön gestylten Hondas CB 750 und Kawasakis Z 900 Paroli bieten.
    Das Erkennungszeichen der 90s war die lenkerfeste Halbschalenverkleidung aus GKF, kurz „S-Cockpit“ genannt. Der Name Cockpit wohl deshalb, weil viele Details an die damaligen Düsenjägerkanzeln erinnern und eben Geschwindigkeit ausstrahlen sollten, ähnlich wie der Zusatzname „Mach III“ für die schnelle Zwei Takt Kawasaki H1 500.

    Rennverkleidungen waren im Rennsport schon lange üblich. BMW war aber der erste Hersteller, der die Vorzüge der Verkleidung, wie entspanntes Fahren, bessere Aerodynamik, höhere Geschwindigkeit, weniger Wackeln im Fahrwerk durch geringere Turbulenzen, Platz für sinnvolle Ausstattung und Zubehör und vor allem tolles Aussehen, auch den sportlich orientierten Straßenfahrern zukommen ließ.
    Mit der 90s wollte man eben kein Motorrad von der Stange, sondern ein ganz edles Teil schaffen, das sich schon durch die aufregende Optik von den anderen BMW Modellen (biedere „Brot und Butter“ Fahrzeuge) und von der Konkurrenz abhebt.
    Mit der neuen Lampe vorn in der Verkleidung hatte BMW erstmals bei einem Motorrad einen H4 Scheinwerfer eingebaut, der endlich mal ausreichendes Licht bei den Zweirädern bot.

    Schaut man in das Cockpit hinein, wird man an die schwarzen Armaturenbretter der Sportautos der 70er, wie Rallye Kadett oder schwarz-gelber VW-Rennkäfer, erinnert.
    Ins Auge stechen die beiden, auch erstmals in getrennten Gehäusen untergebrachten großen Rundinstrumente als Tachometer und Drehzahlmesser. Der Tachometer hat sogar einen Tageszähler. Weil der Tacho von der Fa. Motometer so richtig gut vorgeht, durchbrach man auch mit einer BMW erstmals die Schallmauer von 200 km/h, wie es die Werbung vollmundig versprach. Der Drehzahlmesser ist ein nervöses, sehr sensibles Teilchen. Er zittert meist ganz beunruhigt zwischen 2000 und 5000 U/min hin und her. Tachometer und Drehzahlmesser sind der Plexiglaskuppel der Verkleidung sehr dankbar, dass sie ihnen den Regen vom Leib hält. Ihre Kollegen von den unverkleideten /6 Modellen sind nämlich meistens von innen beschlagen.
    Über den beiden Rundinstrumenten sitzt eine Zeituhr, sogar mit Sekundenzeiger. Sie sieht gut aus, nimmt es aber mit der Zeitmessung nicht so genau. Daneben der gleich große Voltmeter, auch sehr nervös und ungenau. Auf eine sinnvollere Öltemperaturanzeige hat man wohl aus Kostengründen verzichtet.
    Neu bei BMW war damals auch die Kontrollleuchtenkonsole: Kontrolllampen für Bremsflüssigkeitsstand, Leerlauf, Lichtmaschine, Öldruck, und Blinker, alles auf einen Blick. Die Konsole selbst nimmt auch den Tachometer und den Drehzahlmesser auf, vibriert bei laufendem Motor fleißig mit und die Gefahr, dass die schlecht gemachte Verschraubung bricht, ist jederzeit gegeben.

    Auffallend im S-Cockpit ist noch die rechts und links aufgeklebten Hinweise in englischer und deutscher Sprache. Sie geben Informationen über die Ölsorte und den Luftdruck, sehen unheimlich wichtig aus und sollen uns an das schnelle Düsenjäger-Cockpit erinnern.

    Der Windschutz der Verkleidung wurde immer schon unterschiedlich bewertet. Einige meinen immer noch, man kann den gleichen Schutz auch mit einem bepacktem Tankrucksack erreichen, andere schwören Stein und Bein, dass gerade bei langen Strecken die Verkleidung optimal wäre und sogar hohe Dauergeschwindigkeiten stressfrei zu ertragen sind.

    Das S-Cockpit war auch über lange Zeit schon mal der Sündenbock für ein schlechtes Fahrwerk.
    Es wurde behauptet, dass die 90s bei höherem Tempo vorne leicht wird, da die Lenkerverkleidung für Auftrieb am Vorderrad sorgt und das Motorrad dann um die Längsachse wackelt. Man war sogar der Meinung, dass man die Pendelgrenze um bis zu 20 km/h noch oben schieben kann, wenn das S-Cockpit abgebaut ist.
    Später stellte sich heraus, dass die Pendelei an der zu labilen Telegabel, an unterschiedlichen Stossdämpfen (die wurden ab1974 auch „synchronisiert“), falschen Einstellungen der Schwingenlager und/oder des Lenkkopflagers und natürlich auch an den Reifen der 70er Jahre lag.
    Das waren die wirklichen Übeltäter und nicht die wunderschöne Lenkerverkleidung, die man weltweit „S-Cockpit“ nennt.